„Im bewussten Atem öffnet sich der Raum der Freiheit – ein Raum, in dem Handeln zur Erkenntnis und Erkenntnis zur Wahrheit wird.“(Anemosophie, die Weisheit der Atmung -Julius)
Manchmal frage ich mich: Was bedeutet es wirklich, bewusst zu handeln? Nicht bloß zu tun, was die Umstände erfordern, oder mechanisch das zu erfüllen, was von mir erwartet wird, sondern innezuhalten und mich zu fragen: „Warum tue ich, was ich tue?“
Diese Frage hat mich auf einen Weg geführt – einen Weg der Reflexion, der mich immer tiefer erkennen lässt, wie entscheidend es ist, meine Handlungen nicht nur auszuführen, sondern auch zu verstehen. Denn nur wenn ich begreife, welche Absichten und Prinzipien mich leiten, kann ich wahrhaft bewusst leben.
Doch in meinem Alltag und in meiner Arbeit mit Menschen habe ich oft beobachtet, dass Handlungen selten aus vollem Bewusstsein heraus geschehen. Viel zu oft handeln wir, ohne innezuhalten, ohne zu reflektieren. Wir folgen unbewussten Gewohnheiten, inneren Impulsen oder äußeren Erwartungen. Solche Handlungen mögen oberflächlich betrachtet sinnvoll oder sogar gut erscheinen. Doch wenn ich ehrlich bin, erkenne ich, dass sie nicht immer aus einer klaren, reflektierten Absicht heraus entstehen – sondern oft automatisch ablaufen, wie ein Atemzug, den wir nehmen, ohne ihn zu bemerken.
Die Lücke zwischen Unbewusstheit und Reflexion
Es gibt Momente, in denen ich spüre, dass ich nicht im Einklang mit meiner inneren Wahrheit gehandelt habe. Oft bemerke ich dies erst im Nachhinein, wenn die Wirkung meiner Handlung sichtbar wird – sei es in den Reaktionen anderer oder in meiner eigenen inneren Unruhe. In solchen Momenten entsteht das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen: Warum habe ich so gehandelt? War es wirklich meine Absicht? Oder war es nur eine impulsive Reaktion?
Ich erkenne: Immer dann, wenn ich mich rechtfertige, ist dies ein Zeichen dafür, dass meine Handlung nicht aus einem bewussten Prinzip entsprungen ist. Der Verstand sucht nachträglich nach Gründen, um die Handlung zu erklären, doch dies verdeckt oft die Wahrheit, dass sie unbewusst geschah.
Für mich liegt hier der Schlüssel zur Freiheit: in der Fähigkeit, die Lücke zwischen unbewusster Reaktion und bewusster Reflexion zu schließen. Das bedeutet, innezuhalten, bevor ich handle – den Moment zu nutzen, um nach innen zu schauen, die Absicht meiner Handlung zu erkennen und zu fragen: „Welches Prinzip möchte ich diesem Handeln zugrunde legen?“
Der Atem als Brücke zur Bewusstheit
In meiner Arbeit mit der Atemschule habe ich erlebt, wie entscheidend es ist, genau diesen Moment des Innehaltens bewusst zu gestalten. Der Atem, der normalerweise unbewusst geschieht, wird in solchen Momenten zu einer Brücke. Wenn ich meinen Atem beobachte, kehre ich zurück in den Augenblick. Ich unterbreche die automatische Reaktion und öffne einen inneren Raum – einen Raum, den ich Anemosea nenne, den Raum des bewussten Bewusstseins.
Dieser Raum ist für mich mehr als nur eine Metapher. Es ist ein tatsächlicher Erfahrungsraum, in dem ich Klarheit gewinne – über meine Absichten, über die Muster, die mich prägen, und über die Möglichkeiten, diese zu durchbrechen. In diesem Raum entsteht die Freiheit, nicht nur zu reagieren, sondern bewusst zu handeln.
Der Atem wird in diesem Prozess zum Begleiter. Er führt mich zurück zu mir selbst und zugleich zu einer tieferen Verbindung mit dem Leben. Er lehrt mich, dass Freiheit nicht im spontanen Tun liegt, sondern im bewussten Verstehen dessen, was mich antreibt.
Von der Absicht zur Maxime: Ein Weg zur inneren Freiheit
Durch diesen Prozess der Reflexion habe ich begonnen, Freiheit in einem neuen Licht zu sehen. Früher dachte ich, Freiheit bedeute, zwischen verschiedenen Optionen wählen zu können. Doch heute verstehe ich, dass diese Art von Wahlfreiheit oft nur eine Illusion ist – geprägt von äußeren Einflüssen oder inneren Mustern, die mich unbewusst steuern.
Für mich bedeutet Freiheit heute, im Raum des Bewusstseins zu leben. Dieser Raum erweitert sich jedes Mal, wenn ich über meine Handlungen nachdenke, wenn ich die Absicht und die zugrunde liegende Maxime reflektiere. Maximen sind für mich mehr als nur Grundsätze; sie sind die inneren Gesetze meines Handelns – Gesetze, die ich nicht von außen auferlegt bekomme, sondern die ich aus mir selbst heraus, durch Vernunft und Reflexion, erschaffe.
Hier zeigt sich für mich die Verbindung zwischen Reflexion und Freiheit: Je klarer ich meine Absichten verstehe und je bewusster ich meine Maximen gestalte, desto freier werde ich. Freiheit entsteht nicht aus der bloßen Wahl, sondern aus der Fähigkeit, sich selbst zu erkennen und danach zu handeln.
Anemosea und Anemosophie: Weisheit im Atem finden
Anemosea und Anemosophie sind Begriffe, die ich aus meiner Arbeit mit der Atemschule entwickelt habe, um das zu beschreiben, was für mich der Kern dieser Erfahrung ist: der Atem als Weg zur Bewusstheit und zur Weisheit.
• Anemosea ist der Raum, der sich öffnet, wenn ich bewusst atme und reflektiere. Es ist der Raum, in dem die Freiheit entsteht, alte Muster loszulassen und neue Prinzipien zu entwickeln.
• Anemosophie, die Weisheit des Atems, ist für mich die Erfahrung, dass der Atem selbst ein Lehrer ist. Er zeigt mir, wie ich präsent bleiben kann, wie ich mich mit dem Leben verbinde und wie ich in jedem Moment Klarheit finden kann.
Im Atem finde ich nicht nur einen Weg zur Ruhe, sondern auch einen Weg zur Wahrheit – zur Wahrheit über mich selbst und die Welt.
Von der Unbewusstheit zur wahren Freiheit
Für mich ist der Weg von der Unbewusstheit zur Freiheit ein Prozess der Selbsterkenntnis. Es ist die Reise, meine Handlungen immer wieder zu hinterfragen, die Absichten klarer zu sehen und Maximen zu entwickeln, die mein Handeln leiten.
Unbewusste Handlungen zeigen mir, wie oft ich von Gewohnheiten und gesellschaftlichen Erwartungen geleitet werde. Doch durch die Erweiterung des Bewusstseins, das mit jedem Atemzug wächst, kann ich mich von diesen Mustern lösen. Freiheit ist für mich heute nicht bloß die Fähigkeit zu wählen, sondern die Befreiung von allem, was mich einschränkt.
In diesem Raum von Anemosea, der durch den Atem und die Reflexion entsteht, finde ich die Weisheit, die ich Anemosophie nenne – die Weisheit des Atems. Hier werden nicht nur Absichten klar, sondern auch die Maximen, die mein Handeln prägen.
Fazit: Eine persönliche Einsicht
Ich habe erkannt, dass wahre Freiheit nur im Raum des Bewusstseins existiert – dort, wo Reflexion und Klarheit meine Handlungen leiten. Der Atem ist dabei nicht nur ein physisches Werkzeug, sondern ein Begleiter, der mich in diesen Raum führt, wo ich nicht nur bewusst handle, sondern auch im Einklang mit dem größeren Ganzen lebe.